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24. Februar 1998 | "Unsere Korrespondentin Ingeborg Bachmann..." | |||
Veröffentlichung ihrer "Römischen Reportagen" | ||||
[...] Von einer "sensationellen Wiederentdeckung" zu sprechen, wie der Piper Verlag es jetzt tut, ist allerdings auch übertrieben. Sicher, Ingeborg Bachmann erweist sich in diesen Rundfunkreportagen, -berichten und -glossen als versierte Kennerin der politischen und kulturellen Verhältnisse Italiens, wo sie bereits seit 1953 lebte. Sie kann analysieren und durchaus amüsant plaudern. Über ein gewisses ordentliches Mittelmaß ragt sie bei diesen Beiträgen zum alsbaldigen und alltäglichen Gebrauch im Rundfunk allerdings auch nicht heraus. Gewiß würden die "Römischen Reportagen" in eine historisch-kritische Gesamtausgabe der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann gehören, aber eine Einzelausgabe tut diesen ephemeren Texten dann doch wohl zuviel Ehre an. Der Verlag spekuliert mit der Veröffentlichung ... wohl auf die Neugier der Bachmann-Gemeinde. [...] | ||||
Hannes Hansen | ||||
Deutschlandfunk | ||||
15. April 1998 | Römische Reportagen | |||
[...] Doch
bei allem Erstaunen des ersten Leseeindrucks: Offenbart sich da wirklich
ein neuer Tonfall, erweitert sich, wie Herausgeber und Verlag es dem Buch
mit auf den Weg geben, das Bachmannsche Werk tatsächlich um einige
Facetten? Denn der wache Blick sowohl für die den Menschen umgebende
Dingwelt als auch für die gesellschaftlichen, ja politischen Verhältnisse
prägt bereits ihre frühen Gedichte, ihre spätere Prosa allemal.
Gerade der Einmarsch der Hitlertruppen in ihr Kindheits-Klagenfurt sensibilisierte
sie in jungen Jahren schon unauslöschlich für die fast lächerliche,
aber um so gefährlichere Kulissenhaftigkeit gerade der politischen
Machtspiele. So erstaunt auch nicht der leise, aber merkliche Tonfall spöttischer Ironie, den die Bachmann auch in ihrer Prosa einsetzten wird, um die Macht ihrer Lächerlichkeit zu überführen: die Protagonisten beispielsweise eines Mordfalles an einer jungen Frau, der die Italiener monatelang in Atem hält, da ranghöchste Politiker und Adelspersonen verwickelt waren, entlarvt sie als scheiternde Möchtegern-Boèhemiens kleinbürgerlichen Gemüts. ... So erstaunt weniger der literaturhistorisch bedeutsame Fund dieser Texte denn die Tatsache, daß daraus eine literarische Sensation gestrickt werden soll, so als ob die Bachmann noch posthum eines Gütesiegels bedürfte. [1] |
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Claudia Kramatschek | ||||
01. Mai 1998 | Schreibarten: Der Fall Keller | |||
Echte Trouvaille und philologischer Exzeß: | ||||
Ingeborg Bachmanns Reportagen aus Rom sind zu entdecken, | ||||
fünf Gedichtentwürfe nur zu studieren | ||||
[...]
Im Gegensatz zu jenen letzten, unveröffentlichten Gedichten sind die
wiederentdeckten "Römischen Reportagen" von Ingeborg Bachmann
nun eine wirkliche Trouvaille. Und eine ungewöhnliche, spannende und
höchst vergnügliche Lektüre dazu. Nach über vierzig
Jahren sind sie 1997 im Archiv von Radio Bremen wieder aufgefunden und von
Jörg-Dieter Kogel, einem Kulturredakteur des Senders, erstmals herausgegeben
worden; versehen mit einem informativen Nachwort sowie dem nötigen
Personen- und Sachregister. 34 überaus packende Reportagen aus dem
politischen Leben Roms entdecken sich dem ahnungslosen Leser, verfaßt
für den norddeutschen Sender von September 1954 bis Juni 1955 und gezeichnet
mit dem Pseudonym Ruth Keller. Der Auftrag an die Auslandskorrespondentin Bachmann, die seit 1953 in Italien lebte, war zustandegekommen aufgrund einer Empfehlung ihres römischen Freundes Gustav René Hocke, der damals seinerseits aktuelle politische Beiträge sowohl für die "Süddeutsche Zeitung" als auch für die Radio Bremen schrieb und sie für die Dauer einer längeren Abwesenheit dem dortigen Chefredakteur Hans Herbert Westermann als ausgezeichnet schreibende "junge Österreicherin" empfohlen hatte. Ein knappes Jahr lang gab Ingeborg Bachmann darauf hin jeweils dienstags telefonisch ihre Berichte für die Sendung "Zeit im Funk" durch. [...] |
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Karin Kiwus | ||||
Nr. 17 / 1998 | Den Tag im Herzen | |||
Rundfunkarbeiten und fünf kleinere lyrische Werke: Auch die | ||||
letzten Fundstellen werden jetzt nach und nach verlegerisch erschlossen | ||||
[...] Die
österreichische Dichterin stand noch am Anfang ihrer Karriere, war
1953 nach Rom gezogen und brauchte Geld. Auf Vermittlung eines Freundes
lieferte sie unter dem Pseudonym Ruth Keller routiniert-sachliche, etwa
fünfminütige Hintergrundberichte aus Politik und Kultur zu aktuellen
Tagesereignissen. Verhandelt wird da etwa der Fall des Außenministers Piccioni, dessen Sohn unter Mordverdacht steht, oder die Entscheidung der Filmdiva Gina Lollobrigida, sich zusammen mit 26 Mailänder Malern in eine Hotelhalle zurückzuziehen, "um ihnen vier Tage lang je zwanzig Stunden Gelegenheit zu geben, sie zu malen", oder die schmutzigen Geldwäschetricks der Kommunistischen Partei Italiens. Die Redlichkeit dieser rein für den Broterwerb abgefaßten Gelegenheitsarbeiten einer Italienexpertin hätte sicherlich nicht ausgereich, Ingeborg Bachmann, die zu jener Zeit dabei war, sich als Lyrikerin einen Namen zu machen, als eine der größten Schriftstellerinnern unseres Jahrhunderts überleben zu lassen. Diese Publikationen sowie die Veröffentlichung weiterer 15 "römischer Beiträge", die 1954/55 in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" abgedruckt wurden, zeigen jedoch, daß der Mythos, der die Dichterin seit ihrem tragischen Tod im Jahre 1973 umgibt, ungebrochen ist. Er wird genährt durch die Tatsache, daß sich weiteres unveröffentliches Textmaterial, unter anderem Gedichtentwürfe aus der Zeit ihrer Arbeit an den "Todesarten"-Romanen, im Nachlaß der Bachmann-Erben befindet. [...] |
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Erdmute Klein |
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[1] | © Deutschlandfunk. Büchermarkt Kritiken. Manuskript vom 15.04.1998; 16:10 | |
© Ricarda Berg, erstellt:
Januar 2003, letzte Änderung: 15.01.2024 http://www.ingeborg-bachmann-forum.de - E-Mail: Ricarda Berg |
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