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  Ingeborg Bachmann
Ich weiß keine bessere Welt
  Unveröffentlichte Gedichte [1]
   
  Piper Verlag, München 2000.
    Gebunden mit Faksimileabdrucken der Originalblätter.
    195 Seiten - ISBN: 3-492-04255-4
     
  "Ihr schönen Worte, warum habt ihr mich verlassen?" Trauer um ihre verlorengegangene Poesie und eine tiefe Sprachlosigkeit umfangen Ingeborg Bachmann in ihren privatesten Momenten. Sie, die in einem Atemzug mit den größten Lyrikerinnen der europäischen Moderen genannt werden muß, leidet an der Welt und verzweifelt an der Lieblosigkeit in ihr. Der Schmerz der Erkenntnis, der unstillbare Wunsch zu schlafen, Todessehnsucht, durchziehen leitmotivisch all jene Gedichte von Ingeborg Bachmann, die bis heute unter Verschluß gehalten wurden. Knapp dreißig Jahre nach ihrem Tod steht der aufsehenerregende Entschluß ihrer Geschwister, eine Seite von ihr zu offenbaren, ohne die das Bild von Ingeborg Bachmann nicht vollständig wäre.
 
      aus der Ankündigung des Piper Verlages
     
  Gedichte aus dem Nachlass
   
 
Die Nacht der Verlorenen
Das Ende der Liebe
  von Ingeborg Bachmann [2]
 
 Ein Mond, ein Himmel
 und das dunkle Meer.
 Nur, dunkel alles.
 Nur weil es Nacht ist.
 Und nichts Menschliches
 dies feingewirkte auch durchwebt.
 Was wirfst Du mir noch vor
 und solche Bitterkeit
 Tu's nicht.
 Ich hab nichts Besseres gewußt
 als dich zu lieben, ich hab
 nicht gedacht,
 daß durch den Schweiß der Haut
 die [- -] Welt
 und daß der Groschen fiel
 
Externer Link  Abschied [Das Fleisch, das gut mit mir gealtert ist]
   
Externer Link  (Ohne Titel) [daß ich mir abgehe]
   
Externer Link  Un altra notte ancora senza vederlo
[Daß keiner meiner Schmerzen / ihn bewegt]
 
Julikinder
  von Ingeborg Bachmann [3]
 
 Kraft unsrer Kraft ungeborenen
 meine Kinder im Juli, die Ungeheuer
 die zappeln mit dem verstümmeldten Bein, man weiß nicht,
 den verlorenen Kopf.
 Kraft unsrer Kraft
 den Kopf verloren,
 meine lieben Kinder
 nichts gelehrt hätte ich sie
 aber verköstigt verliebt gemacht
 in andre, in Luft und Wind
 Tausenderlei im Juli
 es wär immer Juli gewesen
 ihr Monster genährt
 von meiner Zärtlichkeit
 die gilt euch Luftgespenstern
 Weltveränderern, ihr hättet
 sie mir verändert die Welt
 und verändert nun mich
 auf Tod hin, auf Zärtlichkeit
 bis in den Tod für andres
 Luft Wind den Fetzen Papier
 den ich zerreiße, eh einer lesen
 kann was geschehen ist
 wie man euch herausgerissen hat aus mir
 mich zerrissen, mich den Fetzen
 Papier zerrissen, denn noch
 kann niemand lesen.
 
       
  Debatte
 
Die Wochenzeitung "Die Zeit" eröffnete mit der Frage, ob man persönliche Notate, die Ingeborg Bachmann nie autorisiert hat, veröffentlichen dürfe, eine Kontroverse um die bisher unveröffentlichten Arbeiten aus dem Nachlass.
Diese Kontroverse war Schwerpunkt der Ausgabe vom 5. Oktober 2000 (Nr. 41/2000), in der - noch vor dem offiziellen Erscheinungstermin des Buches am 10. Oktober 2000 - einige dieser Gedichte "als Dokument einer Liebes- und Lebenskrise" vorab zu lesen waren. Angeführt wird die Debatte von Reinhard Baumgart, ehemaliger Lektor Ingeborg Bachmanns, der sich für und Peter Hamm, Autor und Regisseur einer Fernsehdokumentation über Ingeborg Bachmann, der sich gegen eine Veröffentlichung ausspricht.
 
Die Zeit No. 41 / 2000 - Reinhard Baumgart (PRO)
"[...] Wenn also der Verlag das "poetische Vermächtnis" der Dichterin anzeigt, so ist das nur holder Werbequatsch. Nein, wir lesen hier, unautorisiert von der Autorin, die persönlichsten Schmerzdokumente der Ingeborg Bachmann. Und die Frage, über die allein zu streiten wäre, lautet: Dürfen wir das? Darauf wird jedes Ja oder Nein zur Glaubenssache, mit Argumenten nicht endgültig zu begründen. Ich denke, wir dürfen, sollen und müssen sogar, mit dem gleichen (und oft bestrittenen) Recht, mit dem wir Kafkas Briefe an Felice gelesen haben. [...]"
 
Die Zeit No. 41 / 2000 - Peter Hamm (CONTRA)
"Unveröffentlichte Gedichte von Ingeborg Bachmann! Das tönt nach einer Sensation, aber ist eher ein Skandal, jedenfalls ein elender Etikettenschwindel. Denn in diesem Band findet sich kein einziges abgeschlossenes, geschweige denn ein geglücktes Gedicht und schon gar nicht eines, das Ingeborg Bachmann je zur Publikation freigegeben hat. Was wir vor uns haben, ist ein Konvolut aus Gestammel und Geheul, aus Hilfe- und Racherufen, Wahn- und Todesfantasien, kurz: der ungereinigte Lebensschlamm, der zwar von jeher den Urgrund der Poesie bildet, aus dem Ingeborg Bachmann sich aber in den Jahren 1962 bis 1964 - also im unmittelbaren Banne ihrer schlimmsten Lebenskatastrophe, die mit dem Ende ihrer Beziehung zu Max Frisch über sie hereingebrochen war - nie so weit lösen konnte, dass sie dabei zu jener Distanz gefunden hätte, ohne welche die Arbeit am Gedicht nicht glücken kann. Im Abgrund des Unglücks schreibt man so wenig ein Gedicht wie auf dem Gipfel des Glücks. [...]"
       
  Pressespiegel
       
      Die Zeit No. 46 / 2000 - Hans Höller
    Forum-Link Ingeborg Bachmann (1). Man sollte die Gedichte als zentralen Teil des Werkes verstehen
    Externer Link ZEIT Archiv - Hans Höller: Ingeborg Bachmann (1)
     
      Die Zeit No. 46 / 2000 - Nikolaus Schneider
    Externer Link ZEIT Archiv - Nikolaus Schneider: Ingeborg Bachmann (2)
      Man sollte die Gedichte unabhängig von der Biografie lesen
       
      NRZ No. 236 / 11.10.2000 - Jens Dirksen
    Forum-Link Nacktes Leben kalt ans Licht gezehrt. Neues aus dem Bachmann-Nachlass
       
      taz - Die Tageszeitung / 05.10.2000 - lno
    Externer Link Schlammschlachten. "Die Zeit" veröffentlicht umstrittenen Bachmann-Nachlass.
       
      Literaturen No. 12 / 2000 - Silvia Boverschen
    Forum-Link In den Händen der Erben. Was man mit Notaten und Entwürfen einer Dichterin anstellen kann.
       
      FAZ No. 289 / 12.12.2000 - [Belletristik]
    Forum-Link Wer ein Messer im Rücken hat, dem fällt keine gepfefferte Metapher ein.
Man sollte die Gedichte als zentralen Teil des Werkes verstehen
       
      Der Standard / 28.09.2000 -Ronald Pohl
    Externer Link Flaschenpost der Schrecken.
Intime Gedichte aus dem Nachlass zeichnen ein neues Ingeborg-Bachmann-Bild
       
      der Freitag / 13.10.2000 - Frauke Meyer-Gosau
    Externer Link Mit funkelnden Fetzen und Felgen.
Ingeborg-Bachmanns unveröffentlichte Gedichte
       
  Buchbesprechungen
       
      Literaturkritik No. 6 / Juni 2001 - Johanna Backes
    Externer Link Es ist doch Kunst.
Ingeborg Bachmanns nachgelassene Gedichte verdienen eine freie Betrachtung
       
      Arturo Larcati / Isolde Schiffermüller (Hg.):
    Forum-Link Ingeborg Bachmanns Gedichte aus dem Nachlass. Eine kritische Bilanz.
       
  Literaturwissenschaftliche Arbeiten
       
    Sara Bubola: ...und das Fleisch ist Wort geworden  
    Bachmanns Gedichte aus dem Band "Ich weiß keine bessere Welt.
       
  Leseprobe
       
    Forum-Link Isabella Rameder: Ich habe die Gedichte verloren.  
    Ingeborg Bachmanns lyrische Texte aus dem Nachlaß und ihre Beziehung
      zum Todesarten-Projekt.  
       
  Folgende Beiträge stehen online nicht mehr zur Verfügung:
       
      Listen-Rezensionen 59 - Michael Braun
    "Ich will mich auslöschen, wenn ich spreche".
       
      Kölner Stadtanzeiger / 12.01.2001 - Irmgard Schmidmaier
    Umstrittene Edition nachgelassener Entwürfe.
       
      Frauenzimmer - Barbara Neuwirth
    Immerzu in den Worten sein.
       
      Munich-info online 04.10.2000
    "Die Zeit" bringt Gedichte aus dem Nachlass von Ingeborg Bachmann.
       
      Clickfish / September 2000 - Mathis Zojer
    Österreichische Literatur - Umstrittene Gedichte von Ingeborg Bachmann.
       

Information zu dieser Seite: Zeichenerklärung:NavigationshilfeNavigationshilfeForum-LinkForum-Seite(n)Externer LinkExterner Link
 
[1] Mit Ausnahme der Gedichte "Schallmauer", "In Feindeshand", "Jüdischer Friedhof", "Wenzelsplatz", "Poliklinik Prag" sowie der
  Gedichte "In memoriam K.A. Hartmann", "Verzicht" und "Immer wieder Schwarz und Weiß" waren alle in diesem Band
  veröffentlichten Texte im Nachlass bisher gesperrt.
[2] Ingeborg Bachmann: Ich weiß keine bessere Welt. Unveröffentlichte Gedichte. Piper Verlag, München 2000, S. 19.
  Textgrundlage: Handschrift Blatt 3814 aus dem Nachlass. Das Gedicht ist auf eine Papierserviette geschrieben. Die erste
  gestrichene Zeile lautet: "Nichts besonderes."
[3] Ebenda, S. 49. Textgrundlage: Typoskript Blatt 346 aus dem Nachlaß. Über dem Gedicht stehen zwei Zeilen Prosa, die offensichtlich nicht dazugehören: "die sind ndicht durchführbar, heute waren sies wieder nicht, obwohl ich so nah daran / zum erstenmal, aber es war wieder nichts. Wei schade. Ich hätte es sofort berichtet."
    © Ricarda Berg, erstellt: Juni 2004, letzte Änderung: 06.12.2025
http://www.ingeborg-bachmann-forum.de - E-Mail: Ricarda Berg