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Klaus
Amann »Denn ich habe zu schreiben. Und über den Rest hat man zu schweigen.« |
Die Tendenz, den Tod Ingeborg Bachmanns, der so sinnlos und unbegreiflich ist wie jeder andere Unfalltod, im nachhinein mit künstlerisch-biographischer Schlüssigkeit oder mit mystischer Bedeutsamkeit als Opfertod auszustatten, mag dem Affekt geschuldet sein, den Schrecken zu bannen. Unverkennbar ist allerdings auch der Wunsch, die Dichterin als Ikone, als Mythos, als Legende oder als 'Spiegelbild' und Identifikationsobjekt zu stilisieren und zu verklären. Verklärung ist zugleich jedoch immer ein Vorgang der Entpersonalisierung, der in vielen Fällen nur den Freibrief abgibt, über die Person desto ungehemmter sprechen zu können. In einer Auswahl von sieben Nachrufen, alle erschienen am Tag nach ihrem Tod, finden sich folgende Charakterisierungen, an denen die Verschiebung von der Verklärung ins Persönliche und in die Indiskretion deutlich abzulesen ist: 'ungekrönte Königin dieser Literaturepoche', 'Legende', 'dunkle Schwester', Person mit 'Aura', auf 'Diskretion, Noblesse, Scheu und empfindsamen Abstand angewiesene Dichterin', 'hinreißend seltsame, große Künstlerin', 'Nornengestalt', 'Madame Melancholie', 'die Zarte, die Empfindsame, die allzeit Gefährdete', 'scheu und immer etwas verwirrt', 'hilflos unsicher, allein gelassen', 'fast verstört, doch nie linkisch, verlegen und königlich zugleich', 'die elegant, ja chic angezogene Dichterin', sie habe eine 'angeschlagene Privatsphäre' gehabt, ihre Texte seien 'Dokumente der eigenen Lebenskrise' und plauderten 'ständig auch Bachmannsche Intimitäten aus', 'eine große Liebende und auch eine große Leidende. Das eine hat sie so voll ausgekostet wie das andere.' [...] Der Literaturkritiker und Lyriker Peter Hamm, der sie ebenfalls jahrzehntelang kannte und der einen Dokumentarfilm über sie gedreht hat, leitete seinen Erinnerungsartikel aus dem Jahre 1986 mit dem Satz ein: 'Tatsache ist aber, daß ich mir eine sechzigjährige Ingeborg Bachmann nicht vorstellen kann'. Tatsache ist wahrscheinlich auch, daß man ein Mann sein muß, um auf diesen Gedanken zu kommen. Oder hat man je gelesen, daß man sich Paul Celan oder Uwe Johson, die fast im gleichen Alter wie Ingeborg Bachmann und unter vergleichbar tragischen Umständen gestorben sind, als Sechzigjährige nicht vorstellen könne? Die Bilder, die Images, die in den Nachrufen von ihr gezeichnet werden, sind auch als Festschreibungen jener zweifach geprägten und konnotierten Bilder des Staunens und der männlichen Neugier zu lesen, die Ingeborg Bachmann, ihr Auftreten und ihre Selbstbehauptung in der literarischen Männerwelt der fünfziger Jahre hervorgerufen haben: Paternalistisch erstauntes Wohlwollen und eine erotisch grundierte Neugier begleiten und prägen die literarischen Urteile, verquicken ihre Rolle und ihre Erscheinung als Frau mit der Gestaltungsrolle der Lyrik. [1] |
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Ingeborg Bachmann und die literarische Öffentlichkeit | ||||
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Ingeborg Bachmann 1962 in Rom [2] | ||||
Drava Verlag Klagenfurt 1997 |
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Geb. - 80 Seiten. ISBN 3-85435-281-6 |
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[1] | Leseprobe aus: Klaus Amann: "Denn ich habe zu schreiben. Über den Rest hat man zu schweigen." Ingeborg Bachmann und | |
die literarische Öffentlichkeit. Drava Verlag, Klagenfurt 1997, S. 29 - 31. | ||
Ich danke dem Autor und dem © Drava Verlag, Klagenfurt für ihr freundliches Entgegenkommen und der Genehmigung | ||
zur Publikation. | ||
[2] | Bildnachweis: Ingeborg Bachmann 1962 in Rom - fotografiert von ihrem Bruder Heinz. Mit freundlicher Genehmigung der | |
© Erben Ingeborg Bachmann 2000. | ||
© Ricarda Berg, erstellt:
September 1999, letzte Änderung: 26.02.2024 http://www.ingeborg-bachmann-forum.de - E-Mail: Ricarda Berg |
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