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Marion
Fürst Hans Werner Henzes Tristan Eine Werkmonographie |
1964 schrieb Henze seine Chorfantasie, für die er Bachmanns
Lieder von einer Insel, fünf Gedichte aus dem dritten Teil der
Anrufung des Großen Bären vertonte. Am 7.April 1965 fand
an der Deutschen Oper Berlin die Uraufführung der Oper Der junge
Lord statt, zu der Ingeborg Bachmann das Libretto nach einer Erzählung
von Wilhelm Hauff eingerichtet hatte. Unvollendet blieb Henzes Plan, Bachmanns
Gedicht Böhmen liegt am Meer zu vertonen; die angefertigten
Skizzen sind später in die zweite Vergil-Ekloge des Chor-Konzertes
Musen Siziliens eingegangen. Unaufgeführt blieb auch ein von
Henze 1967 in einem Interview mit Wolf Eberhard von Lewinski angedeuteter
Plan, gemeinsam mit Bachmann zur Olympiade 1972 in München eine Oper
zu schreiben. Auch in der Folge bezogen Ingeborg Bachmann und Hans Werner Henze Position zu politischen Fragen. Henze erinnert sich: "In den frühen sechziger Jahren ist sie noch mit mir und Günther Grass, der ihr immer treu geblieben ist, zu Wahlveranstaltungen gefahren, da hat sie meine Reden für Willy Brandt und die SPD redigiert." In einem Brief vom 22. Januar 1965 setzte sich die Dichterin bei Simon Wiesenthal in Wien für eine Verlängerung der Frist für Naziverbrechen ein. Im Dezember 1965 unterschrieb Bachmann eine Protesterklärung gegen den Vietnam-Krieg, mit der Intellektuelle und Wissenschaftler zu weltweiten Friedensdemonstrationen aufriefen. Mit Erfolg protestierte sie dagegen, daß eine Gedichtauswahl der vor ihr verehrten russischen Dichterin Anna Achmatova in der Übersetzung des ehemaligen Nazi-Autors Hans Baumann im Piper-Verlag erscheinen sollte. Im Juli 1969 ermunterte Ingeborg Bachmann Henze erneut, den Wahlkampf der SPD zu unterstützen. Henze fuhr daraufhin im September nach Bayreuth und hielt dort eine Wahlrede für Willy Brandt, die Ingeborg Bachmann sorgfältig redigierte. Auch in dieser Rede kommt Henze auf die atomare Bewaffnung der BRD zu sprechen: "Wir konnten [...] nicht ohne Grauen mit ansehen, wie, was wir nie gedacht hätten in unserer Arglosigkeit, sich z.B. eine Regierung in Bonn kerndeutsche Kernwaffen wünscht, kunstreiche Keulen für künftige Kreuzzüge. [...] Für ziemlich viele junge Deutsche, darunter auch mich, bedeutete diese Entwicklung eine Katastrophe." An den politischen Umbrüchen der 68er-Bewegung nahmen beide gleichermaßen Anteil. Doch in der Folgezeit vertraten sie unterschiedliche Standpunkte: "Der damals aufkeimende Maoismus machte ihr Angst, sie fürchtete, die Arbeit der Künstler und ihre Aufgaben könnten eines Tages wieder, wie im Faschismus, von Ministerien diktiert werden. Und sie wollte nicht, konnte sich nicht vorstellen, daß die Künstler (in ihrer Ratlosigkeit und scheinbaren Funktionsarmut) sich einen so erbärmlichen Zustand selber wünschen mochten. Deswegen erschreckte sie mein Engagement, dessen Gründe sie verstand, dessen Folgen - vor allem für mich - sie fürchtete. Übrigens nicht zu Unrecht, wie sich später herausstellte." [1] |
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Hans Werner Henze | |||
Männeles Verlag Neckargemünd 2000 |
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385 Seiten ISBN 3-933968-14-3 |
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[1] | Aus dem IV. Kapitel: "Ingeborg Bachmann und Hans Werner Henze". 1. "Geheime Verbündete": Portrait einer Künstlerfreund- | |
schaft, in: Marion Fürst: Hans Werner Henzes Tristan. Eine Werkmonographie. | ||
Männeles Verlag, Neckargemünd 2000, S. 147 - 148. | ||
Ich danke der Autorin und dem © Männeles Verlag, Neckargemünd für die freundliche Genehmigung zur Publikation. | ||
© Ricarda Berg, erstellt:
August 2001, letzte Änderung: 29.02.2024 http://www.ingeborg-bachmann-forum.de - E-Mail: Ricarda Berg |
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