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    "HALTEN WIR EINANDER FEST UND HALTEN WIR ALLES FEST"
Ingeborg Bachmann, Paul Celan - Herzzeit Ingeborg Bachmann - Ilse Aichinger und Günter Eich.
Der Briefwechsel
  Herausgegeben von Irene Fußl und Roland Berbig.
   
   
  Piper Verlag, München und Suhrkamp Verlag, Berlin 2021.
    379 Seiten - ISBN: 978-3-518-42617-3
     
     
  Ingeborg Bachmann und Ilse Aichinger haben sich im Wien der Nachkriegszeit kennengelernt. Zwei Frauen im männlich dominierten Literaturbetrieb, von unterschiedlicher Herkunft, mit grundlegend verschiedenen Erfahrungen in der NS-Zeit und mit gegensätzlichen Lebensentwürfen werden die bedeutendsten österreichischen Autorinnen nach 1945. Trotz der unvermeidlichen literarischen Konkurrenzsituation versuchen sie, ihre Freundschaft aufrechtzuerhalten.
Ihre Korrespondenz aus den Jahren 1949 bis 1962, in die auch Günter Eich als Ehemann Aichingers einbezogen ist, dokumentiert diesen prekären Versuch in rund 100 Briefen - 30 von Bachmann, 74 von Aichinger und Eich. Der auffallend familiäre Ton wird von Aichinger vorgegeben. Für sie, die nahe Verwandte durch die Shoah verlor und in Wien der Verfolgung ausgesetzt war, blieb die Familie das größte zu schützende Gut, in der Bachmann als »dritter Zwilling« und als »kleine Schwester« Günter Eichs ihren Platz erhält.
    Externer Linkaus der Ankündigung des Suhrkamp Verlages
     
  Leseprobe
     
     Leseprobe: »halten wir einander fest und halten wir alles fest!«.
Der Briefwechsel Ingeborg Bachmann – Ilse Aichinger und Günter Eich
    Für die junge Ingeborg Bachmann als angehende Schriftstellerin ging von Ilse Aichinger eine weibliche Autorität aus, die direkt in den Briefwechsel hineinführt. Von ihrem »Fluidum« spricht Bachmann in einem Brief an ihren damaligen Lebensgefährten Hans Weigel: »Die Ilse war eben bei mir, Gott, sie hat so ein wunderbares Fluidum, ich glaub, ich werd heute wieder was arbeiten können, ich glaub, wenn ich sie hier und da sehen tät, hätt ich mehr davon, als von meinen sämtlichen Herren« (30. August 1948,Wienbibliothek). Schön ist in dieser Briefstelle auch das österreichische Deutsch, das nach dem Ende des Deutschen Reichs eine besondere Aufwertung erfuhr. Es macht eine der Besonderheiten von Bachmanns und Aichingers Briefsprache aus.
Für Aichinger wiederum bedeutete die ›Präsenz‹ Ingeborg Bachmanns eine Vergewisserung in der Welt, die sie gerade zu materiell zu sp¨ren meinte. Die Überlebende der Shoah, der in der NS-Zeit das Existenzrecht abgesprochen worden war, erlebte bei Bachmann, was ›wirklich sein‹ und als Person ganz ›da sein‹ bedeutet.
      aus dem Vorwort [1]
     
  Buchbesprechungen
     
      Literaturkritik - Ausgabe Nr. 5 / Mai 2022 - Leonie Buchner
    Externer Link  So viel wie nichts und so viel wie alles
    „halten wir einander fest und halten wir alles fest!“, der Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann, Ilse Aichinger und Günter Eich, gibt Einblicke in eine unwahrscheinliche Autorinnen-Freundschaft
   
    Die Zeit / 14.10.2021 - Iris Radisch
    Externer Link  "Manchmal könnt ich auch heulen"
    "[...] Außer um Geld geht es in dieser erstmals edierten Korrespondenz um klassische Frauenthemen wie Heirat, Schwangerschaft, Babyausstattung und Wohnungsfragen. Noch erstaunlicher als die Nüchternheit der verhandelten Themen ist allerdings das briefliche Cocooning. Die beiden Autorinnen, die der Literaturbetrieb und namentlich die Gruppe 47 eigentlich zu Konkurrentinnen erklärt hatten, versichern einander immer wieder aufs Zärtlichste, einer gemeinsamen Wahlfamilie anzugehören. "Ingebienchen", schreibt Aichingers Mutter in einem Postskriptum an Bachmann mit vielen "Grüßen und Busserln", sei, neben Ilse und deren Zwillingsschwester Helga, ihre dritte "Zwillingstochter". Ilse Aichinger ernennt Bachmann wiederholt zur "Schwester", ihren Sohn (den früh verstorbenen Autor Clemens Eich) zu Bachmanns "Neffen". Und Ingeborg Bachmann richtet Grüße an die gemeinsame "Mutti" aus. So bildet sich Brief für Brief eine Art familiensprachliches Airbagsystem, das den zerbrechlichen Austausch der beiden jungen Frauen vor Gefährdungen wie der Erinnerung an die NS-Herrschaft oder der Verlorenheit im patriarchalen Literaturgewerbe schützte.
     
    Deutschlandfunk Kultur / 05.11.2011 - Elke Schlingsog
    Externer Link  Wie sich zwei große Autorinnen finden und wieder verlieren
    " Eine gesuchte Nähe von Anfang an. Dabei sind die Österreicherinnen, die sich im Nachkriegswien im Literatenkreis um Hans Weigel kennengelernt haben, von so unterschiedlicher Herkunft, mit grundlegend verschiedenen Erfahrungen. Die eine ist die Tochter eines Nazis, Bachmanns Vater war schon Anfang der 30er-Jahre Mitglied der NSDAP. Die andere eine Jüdin, die mit ihrer Mutter in einem winzigen Versteck in Wien überlebte und Verwandte im Holocaust verlor. Auffällig an diesen Briefen sind daher die Leerstellen, von Anfang an, dieses Thema wird kaum berührt. Nur einmal schwingt etwas mit, als Aichinger sich ihre Freundin gedanklich vor Augen führt: „wo Du jetzt liegst oder bist, dann seh ich das Bild Deines Vaters in k. u. k.-Uniform vor mir“. Trotzdem schmiegen sie sich in ihren Briefen aneinander. Die eine, weil sie die Kraft hat, trotz und wegen ihrer erschütternden Erfahrungen, die andere, weil sie die Einsamkeit früh als Gefahr für sich ansah. „Sei versichert, dass Du immer dazugehörst“, schreibt ihr Aichinger. In ihrer selbsternannten Wahlfamilie nennt sie Bachmann ihre „Zwillingsschwester“ und auch ihre Mutter Berta Aichinger unterschreibt mit „Busserln, Ingebienchen, Ihre Mutti (Ersatz)“.
     
    AVIVA Berlin. Online Magazin für Frauen / 27.01.2022 - Silvy Pommerenke
    Externer Link Ingeborg Bachmann – Ilse Aichinger und Günter Eich – Halten wir einander fest und halten wir alles fest! Briefe
    "Für Ingeborg Bachmann, die Anfang der 1950er Jahre noch am Beginn ihrer schriftstellerischen Karriere stand, war die fünf Jahre ältere Ilse Aichinger, die bereits Berühmtheit erlangt hatte, ein großes Vorbild und eine Mentorin. Bachmann wurde von der Familie Aichinger/Eich als ein Familienmitglied aufgenommen, bekam den Spitznamen "Der dritte Zwilling" und ergänzte damit die Zwillingsschwestern Ilse und Helga Aichinger. Für Günter Eich hingegen war Bachmann "die kleine Schwester" und er unterschrieb seine Briefe an sie mit "großer Bruder". Diese Kosenamen geben einen Eindruck davon, wie nah sich die Frauen und die Familie Aichinger nebst Anhang waren. Die Briefe und Postkarten drücken eine sehr liebevolle und innige Freundschaft aus, wobei die schriftlichen Zeitdokumente häufiger von Seiten des Ehepaares verfasst wurden. Erste Zeichen der Entfremdung tauchten ab November 1954 auf. Ilse Aichinger schrieb: "Ich hatte früher öfter das Gefühl, dass du sehr weit weg gegangen wärst, nicht nur räumlich, dieses Gefühl hat dein Kommen wieder ausgelöscht und ebenso deine Briefe." Durch den Umzug Ingeborg Bachmanns nach Italien, ihrer enormen Arbeitsbelastung als freie Redakteurin (u.a. für den Wiener Radio-Sender Rot-Weiß-Rot und als Italien- Korrespondentin von Radio Bremen) und die Geburt des Sohnes von Ilse Aichinger nahmen die persönlichen Besuche ab. Die Kommunikation verlief nur noch über Briefe und Postkarten, zwischen denen öfter auch mehrere Wochen, gar Monate lagen. Aus dem Jahr 1955 sind nur drei Schriftstücke Aichingers vorhanden. Und auch hier deutet sich eine verstärkte Unstimmigkeit zwischen den beiden Schriftstellerinnen an: "Es schien mir nur plötzlich, als wäre es Dir nicht mehr das wichtigste, oder zählte Dir zum Wichtigsten, Freundschaften zu halten, als wäre Dir vieles wichtiger geworden, und deshalb war ich traurig, und hörte zu schreiben auf." Diese Unstimmigkeiten konnten offensichtlich für mehrere Jahre wieder bereinigt werden, der Ton war von freundschaftlicher Zuneigung gekennzeichnet. Erst in den Jahren 1958/59 wurde die Korrespondenz wieder sparsamer und war nicht ganz so ausufernd in den Liebes- und Freundschaftsbeteuerungen. Bachmann hatte in dieser Zeit große Geldsorgen und eine noch größere Arbeitslast, unter der sie anscheinend fast zusammengebrochen war und die kräftezehrende Beziehung zu Max Frisch tat ihr Übriges. Bei der Familie Aichinger sorgten ebenfalls große Arbeitspensen und verschiedene Kranken- und Todesfälle zu einer reduzierten Korrespondenz. Dieses Mal war es Ingeborg Bachmann, die am 24. September 1959 schrieb (der letzte Brief Ilse Aichingers lag sechs Monate zurück): "In den Tagen danach meinte ich immer, unter der Post müsse ein Brief von Dir sein, eine Zeile wenigstens, aber da war nie einer, bis heute nicht. Und später wusste ich, dass ich schon viel länger auf einen Brief von Dir gewartet habe, obwohl das Telegramm mich glücklich machte und eine Weile anhielt, und dann war es kein Warten mehr, nur mehr ein Suchen, grundlos, krankhaft, nach dem Grund des Ausbleibens jeder Nachricht." Danach gab es eine einjährige Sendepause. Der wieder aufgenommene Briefverkehr hatte nichts mehr von der herzlichen Verbundenheit der beiden Frauen, und schließlich endete der Kontakt am 4. März 1962 gänzlich.
     
     
  Pressespiegel
     
     Pressespiegel [NZZ; Die Zeit; Deutschlandfunk; FAZ]
     
    Perlentaucher - Kultur und Literatur Online:
    Externer Link "halten wir einander fest und halten wir alles fest!"
    [Zu Rezensionen aus: Neue Zürcher Zeitung - 14.12.2021; Süddeutsche Zeitung - 19.10.2021; Die Zeit - 14.10.2021; FAZ - 27.11.2021; Deutschlandfunk Kultur - 06.11.2021; Deutschlandfunk - 01.11.2021 ]
     
     
  Lesungen
     
    Lesungen & Buchpräsentation: 2021
     
     

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[1] »HALTEN WIR EINANDER FEST UND HALTEN WIR ALLES FEST!«. Ingeborg Bachmann – Ilse Aichinger und Günter Eich. Der Briefwechsel. Salzburger Bachmann Edition. Hrsg. von Irene Fußl und Ute Degner. Unter Mitarbeit von Silvia Bengesser. Piper Verlag und Suhrkamp Verlag, München, Berlin und Zürich 2021, Vorwort Hans Höller, S. 8 - 9.
    © Ricarda Berg, erstellt: Juli 2025, letzte Änderung: 22.10.2025
http://www.ingeborg-bachmann-forum.de - E-Mail: Ricarda Berg